Es handelt sich um den türkischen Ministerpräsidenten, seit fast 5 Jahren im Amt. Er ist ein (radikal-)islamischer Rechtsaußen und ist Gründungsmitglied der Partei AKP (Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung), seit 2001 existent. Schon in früherer Zeit war er beispielsweise Mitglied von Milli Görüs (mit 15 Jahren) oder anderer (radikal-)islamischer Organisationen.
Zwar hat er einige Reformen auf den Weg gebracht, die formal den Beitritt zur EU erleichtern sollen, aber er strebt auch klar eine Islamisierung und die Aufhebung des Trennung von Staat und Religion (von Atatürk begründet) an. Jüngst die Aufhebung des Kopftuchverbots z.B. an Universitäten des Landes. Die religionskonservativen Türken, auch in Deutschland, verehren ihn und hoffen auf eine Aufhebung des Laizismus. Kritische und aufgeklärte Türken lehnen ihn überwiegend dagegen vehement ab.
Nun erst sprach Erdogan vor dem ausgebrannten Haus in Ludwigshafen zu den Verwandten und Bekannten der neun Opfer. So weit alles in Ordnung.
Nun aber rief er zu einer Veranstaltung in der Köln-Arena auf um vor 16.000 Türken und Deutsch-Türken zu sprechen. Die Einladungsplakate waren ausschließlich in türkischer Sprache verfasst, wie die Reden auf der Veranstaltung selbst nur in türkisch gehalten wurden. In seiner Rede beschwor er die in Deutschland (DE) lebenden Türken, sich nicht zu sehr zu integrieren und ihre Herkunft und Kultur zu behalten. Unter dem überwiegend frenetischen Jubel der Zuhörer gab er klare Signale an seine 'Landsleute', sich als Türken und Angehörige der Türkei zu fühlen (sinngemäß) und die Kultur der Türkei zu behalten.
Schon in den letzten Tagen forderte er von Andrea Merkel den (Auf-)bau türkischer Schulen und einer türkischen Universität in Deutschland.
Meines Erachtens ist dies alles völlig kontraproduktiv und läuft den seit Monaten diskutierten Bemühungen um mehr Integration und besserer Bildung für Migranten total entgegen. Sehr viele 'Türken' sind inzwischen in DE geboren und sehen dennoch die Türkei als ihr Heimatland an (wie viele Griechen, Jugos, Italiener, Spanier und Portugiesen leider auch in Bezug auf deren Abstammungsländer).
Zur Info: ich kenne viele freundliche und nette Türken und habe überhaupt nichts gegen diese Menschen. Aber man sollte sich als Migrant doch langsam fragen, wo man dauerhaft leben will und welches Land die Zukunft für das eigene Sein darstellt. Die Überlegungen früherer Gastarbeiter, dass man ein paar Jahre in DE gut verdient und dann wieder zurück kehrt, sind überwiegend hinfällig und überholt.
Aber ganz sicher ist es nach meiner Meinung falsch, hier eine Parallelgesellschaft aufzubauen und sich nur minimal mit den anderen Menschen und deren Kultur auseinanderzusetzen. Wenn mein türkischer Kollege zu Besuch ist, setze ich ihm nur Sachen vor, die er nach seinen Religionsvorschriften unbedenklich konsumieren darf. Bin ich bei ihm zu Besuch, gibt es eben türkisches Essen. Ist kein Problem, ich mag das ja, will aber nur ausdrücken, dass ich mir schon Mühe gebe, seine Religion und Kultur zu achten. Im Gegenzug erwarte ich das schon auch.
Von daher sehe ich die Auftritte von Erdogan in DE mit ziemlicher Verärgerung an und wenn wir als Deutsche nicht aufpassen, entwickeln sich hier noch mehr (selbst gewollte) Ghettos statt dass es zu einem Miteinander kommt. Gemeinsamkeit bedeutet schließlich nicht Assimilierung des Einen, sondern eine Akzeptanz des Anderen. Dass die gesellschaftlichen und rechtlichen Normen sowie die Beherrschung der Sprache unseres Landes allerdings notwendige Grundvoraussetzungen sind, sollte man abschließend noch erwähnen.
Aber irgendwie habe ich - leider - den Eindruck, dass sich die Türkei und viele Türken in DE viel mehr dem Islamismus und den arabisch-muslimischen Staaten und Normen zuwenden, anstatt unserer Gesellschaft!