Das Verbot wird wieder einmal vor einer aktuellen Stimmungslage - nämlich den sogenannten Dönermorden - diskutiert. Es steckt also auch Aktionismus der Politik dahinter.
Doch wenn man ein NPD-Verbot anstrebt, dann muss man auch die Frage beantworten, was man mit einem solchen Verbot erreichen will.
Zunächst einmal der historische Hintergrund:
Seit 1945 wurden insgesamt 17(!) rechtsextreme Parteien und Organisationen auf Bundesebene bereits verboten.
Den Anfang machte das Verbot der NSDAP am 10.10.1945 bereits durch die Alliierten.
Die NSDAP war also schon 1945 direkt nach dem Kriege verboten. Doch war damit auch das entsprechende Gedankengut (um das es ja eigentlich geht) aus der Welt geschafft?
Nun, das können wir heute sehr gut beurteilen: Auf das Gedankengut in den Köpfen der politisch Agierenden hatte das NSDAP-Verbot keinen Einfluss. Denn es verschwand nicht, sondern entwickelte sich weiter.
Stattdessen bildete sich eine Nachfolgeorganisation der NSDAP, die SRP (sozialistische Reichspartei), die im wesentlichen nichts anderes war als eine neue NSDAP unter anderem Namen.
Die SRP wurde dann am 23.10.1952 verboten, woraufhin dann der BDNS (Bund deutscher Nationalsozialisten) aktiv wurde, ebenfalls wieder bis zu seinem Verbot 1956!
Wenn wir die Geschichte der rechtsextremen Parteien in Deutschland von 1945 bis heute verfolgen, dann können wir beobachten, dass eine verbotene Partei stets von einer neuen Partei abgelöst wurde.
Man beschäftigte sich in der Politik recht erfolgreich und viel Bauchpinselei mit dem Verbot von Organisationen, aber niemals mit dem dahinterstehenden Gedankengut.
Das ganze Verbotstreiben hat etwas an sich von Symptombekämpfung:
Wir wissen aus der Medizin, dass es für Krankheiten stets Ursachen und Symptome gibt, und dass man eine Krankheit nicht kurieren kann, indem man nur die Symptome behandelt, und die Ursachen unbehandelt lässt.
Was aber ist das Verbot einer Partei anderes als eine Symptombehandlung? Man will Dinge aus der Welt schaffen die nicht gefallen, und gibt sich dabei zufrieden mit dem Verbot einer Partei, ohne sich mit deren Inhalten auseinanderzusetzen. Ich nenne das Symptombehandlung: Man kann sich stolz auf die Schulter klopfen, gehandelt zu haben.
Und dann wundert man sich, wenn sehr kurze Zeit später dieselbe Partei unter anderem Namen und anderer Flagge wieder auftaucht. Eigentlich ein absurdes Denken und ein absurdes Verhalten.
Es ist nicht nur absurd, es ist - wie die gesamte deutsche Nachkriegsgeschichte zeigt - auch frucht-und sinnlos. Denn keines der bislang 17 Parteienverbote konnte bis heute das rechtsextreme Gedankengut und die dazugehörigen Gewalttaten aufhalten.
Wären diese Verbote sinnvoll und erfolgreich gewesen - nun, dann hätte es doch heutzutage diese sogenannten Dönermorde gar nicht mehr geben dürfen. Nach 17 Verboten!
Denn schliesslich hat der Staat ja in einem fast endlosen Verbotstreiben ständig alle Organisationen verboten, in denen solches Gedankengut umtriebig sein könnte.
Aber trotzdem scheinen diese Maßnahmen nicht gewirkt zu haben. Warum ist das so?
Jetzt möchte ich die Frage stellen - ernsthaft - wenn 17 Verbote rechtsextremer Parteien seit 1945 nicht ausreichten um heute rechtsextreme Gewalt zu verhindern, was soll dann das 18. Verbot der NPD bringen?
Gibt es ernsthaft jemanden, der glaubt damit wäre das rechtsextreme Gedankengut und die rechtsextreme Gewalt aus der Welt geschafft?
Wie gesagt - die nachkriegsdeutsche - Geschichte hat uns gelehrt dass das bislang nie der Fall war; also warum sollte es jetzt anders sein?
Darüberhinaus setzt noch ein zweiter, sehr wichtiger Kritikpunkt am NPD-Verbot an: Das Verhältnis der NPD zu den freien Kameradschaften.
Nur wer über dieses Verhältnis zwischen der NPD und den Kameradschaften nicht Bescheid weiss, der kann sich der bürgerlichen Illusion hingeben, ein NPD-Verbot würde die rechtsextreme Gewalt bekämpfen. Fakt ist (auch wenn sich manche beharrlich weigern diese Tatsache zur Kenntnis zu nehmen): Von der NPD selbst geht nahezu nie körperliche Gewalt aus.
Auch auf Demonstrationen achtet man immer peinlich genau darauf, alle polizeilichen Auflagen genau zu erfülllen. Fälle, in denen NPD-Mitglieder selbst gewalttätig wurden, sind sehr, sehr dünn gesät.
Denn die NPD achtet in ihrem eigenen Interesse als politische Partei sehr darauf, wenigstens nach aussen hin sauber zu bleiben und sich keine Strafttaten vorwerfen zu lassen. Das ist erklärte Absicht der NPD.
Wenn jedoch der Einsatz von Gewalt (von der NPD) trotzdem als notwendig erachtet wird, dann wird dies in der Regel zu 100% an die freien Kameradschaften delegiert, die - ganz im Gegensatz zur NPD - kein Problem damit haben, gewalttätig zu werden. Dabei achtet man sorgfältig darauf, dass diese Beziehung zwischen NPD und den Kameradschaften nicht an die Öffentlichkeit kommt.
Bei den Fällen strafkundiger NPD-Mitglieder wird es sich in der Regel um Doppelmitglieder handeln, die gleichzeitig in der NPD und ihrer Kameradschaft aktiv waren. Die Tätigkeiten und Aktivitäten der freien Kameradschaften selbst wird man aber mit einem NPD-Verbot nicht einmal berühren, geschweige denn ausser Kraft setzen. Mit anderen Worten: Der eigentliche Hort der rechtsextremen Gewalt sitzt nicht einmal in der NPD, sondern in den freien Kameradschaften. Und die Kameradschaften werden durch ein NPD-Verbot nicht einmal angekratzt, geschweige denn ausser Gefecht gesetzt.
Eine echte Problemlösung ist - wie die öffentliche Meinung zeigt - aber nicht erwünscht. Denn das würde bedeuten, nicht die Symptome, sondern die Ursachen des Rechtsextremismus bekämpfen. Das könnte aber auch für eine demokratische Gesellschaft unangenehme Fragen aufwerfen, mit denen man sich lieber nicht beschäftigen möchte.
Das NPD Verbot als 18. Organisationsverbot seit 1945 würde nichts weiter sein, als ein einziges Verbot von vielen, in einer langen, am Ende sehr langen Reihe von Verboten. Ich halte es für genauso wirksam wie damals das Verbot der NSDAP oder der SRP. Sicher ist: Am Tag des Verbotes steht die Nachfolgeorganisation der NPD schon in den Startlöchern. Eine Lösung verspreche ich mir davon keinesfalls.
Wäre es nicht sinnvoller, sich mit Ursachen statt Symptomen auseinander zu setzen?
Dummheit frisst, Intelligenz säuft